Vanlife-Berichte, Costa Rica, El Salvador, Honduras, Nicaragua

Unser Jahresrückblick 2020 | Wie sich unsere Reise grundlegend verändert

Jahresrückblick 2020 Unser Jahr

Wir alle blicken auf ein Jahr zurück das anders lief als geplant. So haben wir sicher alle zerplatzte Träume oder verworfene Pläne, harte Zeiten und Rückschläge im Hinterkopf, wenn wir an dieses Jahr zurück denken. Aber war da nicht noch mehr? Waren da nicht auch ganz viele unverhoffte Dinge und Überraschungen, neue Blickwinkel die sich eröffneten oder lang vergessenes das wir wiederfanden?

Wir schauen auf ein Jahr zurück, das uns vieles abverlangte, das alle Pläne so lange umwarf bis wir ganz auf Pläne oder Vermutungen verzichteten. Ein Jahr, das uns vieles gelehrt hat. Das zeitgleicht schrecklicher und schöner war als wir es uns vorstellen konnten.   

Eine kurze Zusammenfassung unserer prägendsten Erlebnisse aus 2020. Kurze Geschichten von unserer Reise durch 4 Länder Mittelamerikas und einem langen Lockdown weit weg von zu Hause.   

Unser Jahresstart in Costa Rica

Unser Jahr 2020 begann in Costa Rica, seit Anfang Dezember hatten wir in einer deutschen Bäckerei nahe des Arenal Sees gearbeitet. Den Jahresstart feierten wir mit neuen Freunden aus Costa Rica, bei bestem Essen, gutem Bier und einem kleinen Feuerwerk. Im Januar verabschiedeten wir uns wehmütig aber mit zu viel Fernweh im Herzen um länger zu bleiben, von der Bäckerei und unseren Kollegen, die zu guten Freunden wurden.

Ungefähr zwei Wochen reisen wir noch durch Costa Rica, feiern ein wildes Rodeo Fest in Santa Cruz, bewundern den unheimlich blauen Rio Celeste, springen in einen kühlen Canyon, erleben weitere Traumstrände und machen neue Reisebekanntschaften. Etwas verkatert von unserem Rodeo Fest entspannen wir am Strand, als wir Antonia und Eike kennenlernen, die mit ihrem T4 in nur einem Jahr die gesamte Panamerikana befahren. Auch dieser Abend wird feucht fröhlich und so beschließen wir unsere letzten Tage in Costa Rica gemeinsam zu verbringen. Wir klappern noch ein paar Strände ab, spazieren durch den Dschungel, können Affen beobachten und überqueren Ende Januar gemeinsam die Grenze zu Nicaragua.

Zu viert nach Nicaragua

Meine Geburtstagsfeier in Nicaragua

Auf der Insel Ometepe verbringen wir gemeinsame Tage, die sich ein bisschen wie Ferien anfühlen. Da sich das Reisetempo der beiden doch stark von unserem unterscheidet trennen sich unsere Wege nach dem Inselbesuch. So haben die beiden das Land schon fast wieder verlassen, während wir am schönen Strand von San Juan del Sur entspannen und die Kolonialstadt Granada erkunden.

Nicaragua wird für uns zum Land der Vulkane, wir sehen brodelnde Lava, im aktiven Vulkan Masaya, übernachten am Fuße des Vulkan Momotombo, verbringen viel Zeit am Kratersee Lago de Apoyo und Boarden am (natürlich nicht mehr aktiven) Cerro Negro den steilen Abhang hinab.

Auch in Nicaragua machen wir Herzensbekanntschaften. Mit Kristiane und Frank aus Deutschland, die sich gerade langfristig in Nicaragua niederlassen, verbringen wir einige gesellige Abende. Wir erfahren mehr über die politische Lage im Land und über die unlängst verstummten Unruhen, besuchen ein typisches Straßenfest und erfahren wo es das beste desayuno tipico (Frühstück) gibt. Auch mein Geburtstag reiht sich in die schönen Erinnerungen an Nicaragua ein. Wir feiern in einer kleinen Oase, der Hacienda Puerta del Cielo. Natürlich übernachten wir im Van. Trotzdem dürfen wir einen Tag im Pool, bei Vulkanblick und Sonnenschein verbringen und den Abend bei Rum und Tanz mit JC Espinosa ausklingen lassen.

Hola Honduras

In Honduras verbringen wir nur eine sehr begrenzte Zeit. Etwas unsicher überqueren wir die Grenze zu dem Land, vor dem wir unterwegs bereits so häufig gewarnt wurden. Gefährlich sei es in Honduras, wir sollen auf uns aufpassen und bloß nicht auf unbewachten Plätzen nächtigen. All diese Warnungen im Ohr machen wir in unserer ersten Nacht doch genau das. Wir übernachten vor einem Thermalbad in einer etwas finsteren Gasse, zugegeben gut geschlafen haben wir hier nicht.

Doch gleich am zweiten Tag, während wir in den heißen Quellen baden, lernen wir Suzanne aus Amerika kennen. Sie organisiert soziale Projekte in Honduras und lädt uns zum Abendessen zu sich nach Hause ein. Fast familiär fühlt es sich an, in diesem Haus voller Menschen, die ihre sozialen Projekte unterstützen.

Die Ruinen von Copán, unsere erste Mayastätte in Honduras

Unsere langen Fahrzagen durch das Land offenbaren uns viel Müll und tote Tiere am Straßenrand, Menschen die in ärmlichsten Verhältnissen leben und Kontraste, die kaum zu ertragen sind. In den großen Städten des Landes reihen sich riesige glänzende Shopping Malls an namenhafte Kaffee- und Fastfood-Ketten, alles wirkt aufpoliert und eben amerikanisch. Zwischen Armut und Wohlstand  liegt hier eine tiefe Kluft und doch sind sie sich räumlich so nah. Leicht fällt es mir nicht hier zu reisen, denn oft ziehen mich diese Gefühle weit nach unten, doch dieses Land bietet viel Sehenswertes und zeigt sich uns auch von anderen Seiten.

Wir besichtigen Copán, die erste Maya Stätte unserer Reise. Sind fasziniert von gut erhaltenen Bauwerken, der Hieroglyphentreppe, der Copán seinen Weltkulturerbe-Titel verdankt und der einmaligen Stimmung und Ruhe, die dieser Ort ausstrahlt.  Auf dem Lago Yojoa paddeln wir vorbei an unendlich wirkendem grün. Dichter Regenwald soweit das Auge reicht, bunte Seerosen auf Vögel auf dem See.

 

 

Ein zu Hause in El Salvador

El Salvador erreichen wir Anfang März ohne große Erwartungen. An der Grenze treffen wir einen deutschen Reisenden, der uns den Tipp gibt die Halbinsel Corral de Mulas zu besuchen, wenn wir ein paar Tage Ruhe und Abgeschiedenheit suchen. Da wir gerade keine anderen Pläne haben und spontane Ideen meist die Besten sind, steuern wir dieses Ziel direkt an. Wir finden ein kleines Paradies zum entspannen, lesen, angeln und die Sonne genießen. So verleben wir eine herrliche Zeit am Meer, übernachten in einem streng riechenden Vulkankrater, besichtigen die Hauptstadt, wandern auf einen Vulkan und essen die besten Pupusas des Landes.

An der Grenze bekommen wir den Tipp an diesem schönen Ort vorbei zu schauen

Natürlich ist die weltweite Corona Situation auch an uns nicht vorbei gegangen und doch fühlte sich all das weit weg an. Wir sorgen uns um unsere Lieben daheim, betrachten die Fallzahlen in unserer Heimatstadt mit Sorge und verfolgen weltweite Grenzschließungen. Als wir gerade Pasta schlemmend vor unserem Van sitzen und den Sonnenuntergang beobachten erhalten wir eine Nachricht die uns erstmals Angst macht. Die Grenzen Mittelamerikas sollen geschlossen werden.

Die Grenzen schließen

Zwei Tage später ist amtlich, was wir vorher noch nie erlebt haben. Wir stehen vor einer verschlossenen Grenze. Unsere Weiterreise nach Guatemala bis auf Weiteres unmöglich. Wir tragen es mit Fassung, denn was das bedeutet können wir zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen. Wir haben das Glück einen Zufluchtsort zu finden, der für lange Zeit unser sicherer Hafen und unser zu Hause sein wird. Eine Farm, unweit der Grenze, in den Bergen gelegen.

Kurz nach der Grenzschließung beginnt ein harter Lockdown. Öffentliche  Plätze werden gesperrt, das Haus soll nur noch für lebensnotwendige Einkäufe verlassen werden und das natürlich nur mit Maske. Berichte über Hamsterkäufe kannten wir bisher nur aus den deutschen Nachrichten, jetzt bilden sich auch bei uns lange Schlangen vor Märkten und Supermärkten. Doch Hamsterkäufe sind verboten und den meisten Menschen hier nicht möglich, so bleibt nach ersten Unsicherheiten alles entspannt.

Unser zu Hause auf vier Rädern wird zum Dauercamp und wir zu Meistern der Zeitverschwendung. Nachdem wir uns in der Ungewissheit der Situation eingelebt und den Entschluss gefasst haben zu bleiben können wir es sogar genießen. Ein Pippi Langstrumpf Leben mit 5 Hunden, einem Maultier, Ziegen und Kühen. Kleine Routinen geben unseren Tagen Struktur, wir können unsere bisherigen Reiseeindrücke sortieren und über die Weiterreise philosophieren.

Langsame Rückkehr zur Normalität

Als das Land 6 Monate später langsam wieder öffnet haben wir einen Hurricane ausgesessen, kleine und große Kämpfe mit uns selbst ausgetragen, sind Teil eines Hunderudels geworden, haben einen Blog gestartet, einen Hasen aufgezogen und ausgewildert, viele Tagebuchseiten gefüllt, Erkenntnisse gewonnen und Hörspiele gehört. Kleine Dinge, die nun wieder möglich sind, sorgen für großes Glück. Wieder zu zweit auf die Straße gehen, im Park ein Eis essen oder Essen to go bestellen. Das kleine Glück fühlt sich auf einmal wieder ganz groß an.

Unwirklich fühlen sich unsere ersten kleinen Reisen durch das Land an. Für das größte after Lockdown Glücksgefühl sorgt unser Besuch am Meer! Endlich wieder Sand unter den Füßen, den Horizont vor Augen, den Geruch von Salzwasser in der Nase und Wellenrauschen im Ohr.

Das größte Geschenk des Jahres wird uns kurz vor unserer erneuten geplanten Ausreise, im Oktober zuteil. Molly, der Chaot und Herzensbrecher unseres Hunderudels darf mit uns zusammen weiter reisen. Wir sind überglücklich und nehmen die erneute Verzögerung unserer Ausreise, da wir ihre Papiere benötigen, gern in Kauf.

Jahreswechsel in El Salvador

Doch auch die letzten beiden Monate des Jahres haben es in sich. El Salvador lässt uns noch nicht gehen. Wir erleben eine Verkettung teilweise absurder Umstände, die dafür sorgen, dass wir auch den Jahreswechsel in El Salvador verbringen werden. Eine Autopanne beim Versuch die Grenze zu Guatemala zu Überqueren entpuppt sich als langwierige und bisher unlösbare Herausforderung.

So starten wir in ein neues Jahr mit der Ungewissheit im Nacken wie und ob unsere Reise weiter geht. Es droht ein neuer Lockdown für Mittelamerika, unsere Ersatzteile müssen wir erneut aus Deutschland bestellen und ob die Reparatur glückt ist unklar. Doch wir starten auch voller Liebe und Zuversicht in ein neues Jahr. Denn wieder haben wir das große Glück ein zu Hause in der Ferne zu finden, bei einer Familie unterzukommen, die uns Geborgenheit in einem der verzweifeltsten Momente unserer Reise schenkt.

Wir bekamen nicht was wir wollten, oder?

In diesem Jahr konnten wir unsere Reisepläne nicht verwirklichen, haben nur einen Bruchteil unserer geplanten Route geschafft, haben keine riesigen Attraktionen gesehen. Aber was wir gesehen und erlebt haben ist ganz viel Liebe und Zusammenhalt. Was wir gelernt haben ist Zuversicht und dass sich Türen öffnen, egal wie viele sich auch vor uns schließen mögen. Ich bin kein von Grund auf optimistischer Mensch, häufig ziehen mich Gedankenstrudel weit nach unten und ich male mir die schlimmsten aller möglichen Szenarien aus.

Dieses Jahr hat mich an meine Grenzen gebracht aber mir auch gezeigt, dass die Dinge leichter sind, wenn ich sie leicht nehme. Das loslassen leicht und befreiend sein kann und das keine Pläne zu haben nicht zwangsläufig orientierungslos macht. Mit dieser Erkenntnis starte ich in ein neues Jahr. Was uns erwartet ist ungewiss aber was wir haben ist klar. Wir haben uns, unsere Träume und einen großen Rucksack voller einmaliger Erinnerungen aus diesem Jahr.   

Vor Monaten besichtigt und auch heute noch unser ‚Hausberg‘. Der Vulkan Izalco.

Ich denke wir alle können etwas aus diesem Jahr mitnehmen. Ein schönes Erlebnis, eine Begegnung oder eine Erkenntnis die uns bereichern. Wir wünschen euch ein frohes neues Jahr, eines das hoffentlich weniger herausfordernd wird und in dem wir die Freiheit, die uns so selbstverständlich scheint wieder erleben und feiern können.  


Über unsere aktuelle Situation, all die unverhofften Umstände, die uns noch immer in El Salvador halten und wir wir uns damit fühlen, haben wir auch in unserem YouTube Video gesprochen.

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