Panama

Boquete & der Vulkan Barú – Eine atemberaubende Wanderung auf 3.475 Meter Höhe

Boquete und der Vulkan Baru

Ein Vulkan, eine Nacht im Zelt auf 3.400 Höhenmetern, nächtliche Zeltbekanntschaften und ein ganz besonderer Sonnenaufgang. Ein Aufstieg von 14 Kilometern Länge pro Strecke mit 1.800 Metern Höhenunterschied und 25 kg Gepäck. Diesen Gipfel werden wir so schnell nicht vergessen, er verlangt uns alles ab und hält doch so viele schöne Überraschungen bereit. 


Der Entschluss

Unser Entschluss war gefasst, wir besteigen den Vulkan Barú, mit 3.475 Metern Höhe Panamas höchster Gipfel. Zugegeben, ich habe mich durchgesetzt, Christoph zeigt wenig Ambition für dieses Abenteuer. Doch ich möchte es unbedingt, den Sonnenaufgang von Panamas höchstem Berg aus beobachten, noch dazu von einem Vulkangipfel. Bei klarer Sicht kann man Atlantik und Pazifik sehen.

Die Vorbereitung

Vorbereitend haben wir uns ein paar Erfahrungsberichte zur Vulkanbesteigung durchgelesen. Es scheinen sich drei Möglichkeiten der Gipfelbesteigung durchgesetzt zu haben:

  1. Gipfelbesteigung bei Nacht, Ankunft zum Sonnenaufgang, hier ein Bericht zur Nachtwanderung
  2. Gipfelbesteigung am Tag, Übernachtung im Zelt, Sonnenaufgang auf dem Gipfel
  3. Für Faule: sich von einem Jeep fast auf den Gipfel chauffieren lassen, mit einer Tour wie dieser

Wir haben uns für eine Übernachtung im Zelt entschieden, auch da uns der Aufstieg bei Nacht zu gruselig erscheint und die Gefahr besteht den Sonnenaufgang zu verpassen, wenn wir zu langsam sind. Also besorgen wir uns ein Zelt und machen uns auf den Weg von Panamas Küste in Richtung Boquete.

Fast auf dem Gipfel – der Sonnenaufgang an den Funkmasten

Bajo Boquete

Boquete ist, aufgrund seiner Höhenlage, vor allem für seine üppige Vegetation bekannt, hier finden sich einige Nationalparks und Wandergebiete. Es ist darüber hinaus ein bekanntes Kaffee Anbaugebiet. Auf den vielen Kaffeeplantagen kann an Führungen mit anschließender Verkostung teilgenommen werden. Doch auch wer auf der Suche nach mehr Action ist, kann hier einiges erleben, von Raftig-Touren bis Ziplining über die Gipfel der Bäume hinweg wird einiges geboten.

Anfahrt und Stellplatz  

Wir verlassen Panamas Pazifik-Küste und fahren über die Stadt David, um ein Zelt zu besorgen, nach Boquete. Das Klima wird milder, um uns herum wird es immer grüner und wir fahren seicht aber stetig Bergauf. Wir erreichen das kleine, auf Öko-Tourismus spezialisierte Städtchen. Dabei passieren wir kleine Restaurants, Cafés und Bäckereien, Hostels und Supermärkte sowie Tourenanbieter für zahlreiche Wanderungen und sonstige Aktivitäten. Vorerst finden wir ein wenig außerhalb von Boquete einen Stellplatz am Fluss. Zur Einstimmung unternehmen wir eine leichte Wanderung zu einem kleinen Wasserfall. Am nächsten Morgen wagen wir uns – soweit das Wetter es zulässt- an die Wanderung auf den Vulkan Barú.

Der nächste Morgen – bereit für den Aufstieg

Unsere Rucksäcke sind gepackt: 4 Liter Wasser pro Person, ein Zelt, Wechselsachen, ein Benzinkocher, Essen und Schlafsäcke. Wir fühlen uns top vorbereitet, zumindest bis das Gewicht der Rücksäcke uns fast in die Knie zwingt. Ob wir uns das so gut überlegt haben? Egal, wir ziehen das jetzt durch! Am Eingang des Nationalparks müssen wir unsere Namen hinterlassen, bestätigen dass wir ausreichend Wasser dabei haben und uns fit fühlen, dann sind wir auf uns gestellt. Es geht, für unsere Begriffe von Anfang an recht steil bergauf.

Bereit für den Aufstieg, Dan wartet unten auf uns

Der Aufstieg zum Base Camp

Der Aufstieg beginnt bereits auf 1.800 Höhenmetern, bis auf 3.475 Meter werden wir aufsteigen. Schnell sind wir aus der Puste, das Gewicht der Rucksäcke lässt uns langsam voran kommen. Wir machen viele Pausen, spüren die für uns bereits ungewohnte Höhe. Pro gelaufenen Kilometer markieren Hinweisschilder unseren Fortschritt – Fluch und Segen zugleich. Spätestens ab der Hälfte unserer heutigen Strecke hat Christoph keine Lust mehr. Im gleichen Maße wie seine Motivation schwindet wächst meine Willensstärke diesen Berg zu bezwingen. Ich versuche es mit wilden Motivationsreden, später einfach Rational: Kehren wir jetzt um, ist unser Rückweg länger, als der Weg auf den Gipfel. Wir sollten jetzt also einfach noch durchziehen.

Je Höher wir kommen desto kühler wird es, hin und wieder pfeift der Wind und in der Ferne grollt ein Gewitter. Wir hoffen wenigstens dieses Mal von unserem altbekannten Schicksal der begossenen Pudel verschont zu bleiben und haben tatsächlich Glück. Es bleibt trocken aber ‚einfach durchziehen‘ ist dann doch nicht ganz so leicht. Spätestens die letzten drei Kilometer bis zum Base Camp ziehen sich wie Kaugummi. Mehr als einmal hoffen wir ein Kilometer-Schild übersehen zu haben, aber Fehlanzeige. Langsam Dämmert es, wir machen eine letzte Trinkpause vor einem erneuten steilen Anstieg und fragen uns  welcher Teufel uns geritten hat diesen Aufstieg zu wagen.

Am Base Camp – Camping auf 3.400 Höhenmetern

Im Dämmerlicht, nassgeschwitzt und trotzdem frierend erreichen wir nach einer fast 7 stündigen Wanderung das Base Camp. Das haben wir uns ein bisschen anders vorgestellt. Stünde hier kein Schild wären wir wohl einfach weiter gelaufen. Eine ‚Schutzhütte‘ die ihre besten Jahre hinter sich hat und ein paar Büsche markieren den Ort unserer Übernachtung. Wir schlagen im letzten Tageslicht unser Zelt auf und schlüpfen in trockene Sachen. Breiten Decken und Schlafsäcke im Zelt aus. Christoph hat mit Übelkeit zu kämpfen, er friert und zittert unheimlich. Ich versuche ihn und mich selbst zu beruhigen, versuche unseren Kocher anzuwerfen um Wasser zu kochen und das Zelt aufzuwärmen. Aber diese Rechnung haben wir ohne die dünne Bergluft in 3.400 Metern Höhe gemacht. Unser Benzinkocher funktioniert in dieser Höhe einwandfrei, nicht jedoch das Gasfeuerzeug (das hat wohl irgendwas mit dem Außendruck hier oben zu tun). Viele Versuche später bekommen wir einen Zündfunken zustande und der Kocher läuft.

Ich überrede Christoph zu ein paar Löffeln Nudeln mit Tomatensoße, dann kehren seine Lebensgeister langsam zurück. Erschöpft schlafen wir ein, es wird eine unruhige Nacht. Vor Kälte ziehe ich alles an, was sich in meinem Rucksack findet: zwei paar Hosen und Socken, Pullover, Jacke, Mütze und Handschuhe. Die dünne Luft sorgt bei mir für Erstickungsangst, ich friere und wälze mich auf dem harten Boden hin und her. In den frühen Morgenstunden ist an Schlaf kaum noch zu denken.

Der Wald um uns herum gleicht einem Gemälde, auch wenn wir das erst beim Abstieg richtig wahrnehmen

Nächtliche Zeltbekanntschaften

Wir hören Geräusche vor dem Zelt und sind Hellwach – das sind doch Stimmen? Eine Gruppe von drei Wanderern ist ungefähr eine Stunde zu früh für den Sonnenaufgang auf dem Gipfel dran. Wir laden sie in unser Zelt ein, sitzen im Kreis um unseren kleinen Kocher herum, teilen unsere Decken, Frühstückschips und die Eindrücke unserer Wanderung. Rory aus den Niederlanden, Marion aus Thüringen und Sophie aus Leipzig. Verrückt wie klein die Welt manchmal scheint. Mein müder Geist ist ganz begeistert von diesem Zufall, am höchsten Punkt Panamas auf Menschen zu treffen, die quasi nebenan wohnen. Die drei sind dankbar für unser Asyl und ich dafür, dass sie mich motivieren die letzten 1,2 km zum Gipfel zu bezwingen.

Der letzte Kilometer zum Gipfel

Mit Stirnlampe auf dem Kopf und noch immer allen Sachen am Körper die ich dabei habe, stolpern wir im Dunkeln bergauf. Unsere Beine sind noch erschöpft und so zieht sich auch der letzte steile Anstieg in die Länge. Wir erreichen die Funkmasten, von hier aus heißt es das letzte Stück bis zum Gipfelkreuz klettern. Christoph klinkt sich aus, er möchte hier auf den Sonnenaufgang warten. Ich habe Blut geleckt – wenn dann muss der Berg auch ganz bestiegen werden – und klettere im halbdunkeln das letzte Stück zum Gipfelkreuz hinaus. Vor mir erreichen Rory und Sophie den Gipfel, ich höre ihren Freudenschrei und schließe mich kurze Zeit später an. Wir haben es geschafft, noch sehen wir absolut garnichts, doch das ist egal. Wir haben den Gipfel erreicht!

Von hier aus heißt es klettern – von den Funkmasten führt ein Kletterpfad zum Gipfelkreuz

Sonnenaufgang über Panama

Die Sonne geht auf, es ist bewölkt, an eine Sicht bis Atlantik und Pazifik ist nicht zu denken. Enttäuschung? Keineswegs, denn das hier ist unser Moment, unsere Aussicht, unser Sonnenaufgang. Ich bin erschöpft, aber glücklich. Stolz auf diesem Gipfel zu stehen – den ich definitiv unterschätzt habe – glücklich mit diesen Menschen hier zu sein und dankbar die Sonne aufgehen, die Wolken schwinden und das Tal glitzern zu sehen. Das hier ist unser Sonnenaufgang auf dem Gipfel des Vulkan Barú, auf 3.475 Metern Höhe.

Wir kosten das erste Licht des Tages auf dem Gipfel voll aus. Nach und nach gesellen sich immer mehr Wandernde zu uns. Später treffen die Jeeps ein, die zu einem Schnäppchenpreis ab 120 $ p.P. all diejenigen zum Gipfel transportiert, die sich diese Wanderung ersparen wollen. Bis wir durchgefroren sind bleiben wir auf dem Gipfel. Bei Tageslicht wirkt unsere Kletterpartie gefährlicher als im Schutz der Dunkelheit, es ist ja höher als gedacht. All unsere Überredungskünste setzen wir ein um einen bezahlbaren Transport ins Tal zu bekommen, aber Fehlanzeige. Die aufgerufenen Preise sind für unsere kleine Truppe zu utopisch, also essen wir einen letzten Müsli-Riegel und wagen den Abstieg.

Zurück ins Tal – der Abstieg

Der Auslöser meiner Kamera steht kaum still, was wir beim schweißtreibenden Aufstieg völlig links liegen ließen ist die schöne Landschaft, die uns umgibt. Moosbewachsene Bäume, dichte, mystische Wälder. Hin und wieder ziehen Nebelschwaden auf, sonst schimmert die Sonne zwischen dem grün hindurch. In einer Gruppe ist es gleich nur noch halb so anstrengend, wir schwatzen bis wir Seitenstechen bekommen. Etwas über die Hälfte der Strecke ist bereits geschafft als wir freundlicherweise von einem Pickup mit ins Tal genommen werden. Zusammen kauern wir uns auf die Rückbank und holpern bergab. Dankbar und mit müden Beinen erreichen wir Dan. Dankbar gleich zu Hause zu sein.

Der Abstieg – in einer Gruppe nur noch halb so anstrengend

Unser Fazit

Diese Wanderung haben wir definitiv unterschätzt. Eine anspruchsvolle Steigung gepaart mit erheblichem Höhenunterschied und zu viel Gepäck. Trotzdem oder gerade deswegen bleibt uns dieser Gipfel nachhaltig im Gedächtnis. Ihn bezwungen zu haben war ein Erfolgserlebnis, unser Übergepäck eine lustige Geschichte und die Bekanntschaften unterwegs eine große Freude. Auf der nächsten Wanderung ähnlichen Formats wird unser Gepäck definitiv leichter sein und vielleicht ziehen wir dann auch eine Nachtwanderung in Betracht – zumindest wenn dort oben jemand mit einem wärmenden Zelt auf uns wartet.


Nach dieser anstrengenden Bergtour durchqueren wir Panama, um uns an der Karibikküste zu entspannen. Unser nächstes Ziel ist die Inselgruppe Bocas del Toro. Hier erleben wir Karibik-Feeling und können unsere müden Beine entspannen.

Boquete und der Vulkan Baru
Gipfelglück

3 Gedanken zu „Boquete & der Vulkan Barú – Eine atemberaubende Wanderung auf 3.475 Meter Höhe“

  1. Frank sagt:

    Ein sehr schöner Bericht, das sind Erinnerungen Die für immer bleiben.
    Ich freue mich auf den nächsten Bericht, könnt Ihr biite die schönen Bilder so in die Berichte einbinden das man Sie vergrößern kann (die Bilder sind einfach zu klein).
    LG
    Frank

    1. Laura sagt:

      Hallo Frank, ich freue mich dass dir unser Beitrag gefällt und du auch Interesse an unseren Bildern hast. So macht es gleich viel mehr Spaß unsere Erlebnisse zu teilen. Gern überarbeite ich das nochmal, sodass Bilder bei Bedarf ach vergrößert werden können.
      Liebe Grüße
      Laura

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